Vergessenen Kindern eine Stimme geben...

Etwa drei Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland wachsen in einem Haushalt mit suchtkranken Eltern auf. Für sie stellten und stellen die Lockdowns und Kontaktbeschränkungen der vergangenen Monate eine besondere Belastung dar. Der Stress in den Familien stieg und damit auch der Alkohol- und Drogenkonsum der suchtkranken Eltern.

Schon zu Beginn der Pandemie warnte die Weltgesundheitsorganisation vor erhöhtem Alkoholkonsum als Reaktion auf den zunehmenden Stress. Eine Umfrage der Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) in Nürnberg und des Zentralinstituts für seelische Gesundheit in Mannheim im Frühjahr vergangenen Jahres bestätigte diese Befürchtungen. Über 37 Prozent der Befragten gab an, dass ihr Alkoholkonsum in den Wochen des Lockdowns gestiegen sei.

Für Kinder aus Suchtfamilien bedeutete dies eine noch stärkere Bedrohung durch die Folgen der Sucht, etwa häusliche Gewalt. Mehrere Bundesländer meldeten eine deutliche Zunahme von entsprechenden Anzeigen. Gleichzeitig verstärkte die zeitweilige Schließung von Bildungs- und Freizeiteinrichtungen und die Beschränkung von Kontakten die Isolation der betroffenen Kinder und Jugendlichen. Zur inneren Isolation, die ihr Leben schon vor der Pandemie prägte, kam nun noch die äußere hinzu. Wesentliche Resilienzfaktoren, wie gesunde Beziehungen außerhalb der Familie und Möglichkeiten zur Distanz zum häuslichen Geschehen, fielen weg oder konnten nur sehr eingeschränkt aufrechterhalten werden.

Viele Kinder und Jugendliche suchten zunehmend Hilfe im Internet. Das Online-Beratungsteam von NACOA (Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien) verzeichnete allein in den Monaten März und April 2020 doppelt so viele E-Mails wie vor der Pandemie, die Anzahl der begleiteten Kinder und Jugendlichen stieg um knapp 40 Prozent. Die Kinder und Jugendlichen litten zuhause unter der zunehmend aggressiven Atmosphäre, Gewalt und sozialer Isolation. Sorgen um Infektionsrisiken und durchlebte Erkrankungen führten zu erheblichen psychischen Belastungen, nicht selten zu schweren Depressionen.

Die Auswirkungen der Pandemie fördern die Notwendigkeit eines flächendeckenden Netzes an Hilfeangeboten für Kinder und Jugendliche aus Suchtfamilien zu Tage. Sie brauchen Fachkräfte, die auch bei eingeschränkten Begegnungsmöglichkeiten den Kontakt halten, sensibilisiert sind für etwaige Gefährdungssituationen in den Familien und zumindest telefonisch oder über das Internet erreichbar sind.

In der Aktionswoche weist die Fachstelle für Suchthilfe und Prävention des Diakonischen Werkes Werra-Meißner in der Öffentlichkeit über Presse und Soziale Netzwerke auf die Situation von Kindern aus Suchtfamilien hin. Gefragt sind – gerade in Zeiten der Pandemie - kreative Ideen und Wege, um dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, Wissen zu vermitteln, Hoffnung zu verbreiten und betroffenen Kindern und deren Familien Wege zu Hilfe und Genesung zu weisen.

Alle Informationen zu Veranstaltungen und Anregungen zum Mitmachen finden sich auf der Website www.coa-aktionswoche.de

Die Schauspielerin Katrin Sass ist Schirmherrin der Aktionswoche.

Diakonisches Werk Werra-Meißner -Fachstelle für Suchthilfe und Prävention
Leuchtbergstr. 10b 37269 Eschwege
www.suchthilfe-eschwege.de